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»Ground Control to Major Tom«

mit Stef Heidhues, Sonia Leimer,
Alexej Meschtschanow, Bernd Ribbeck
 

9. April – 5. Juni 2014

ERÖFFNUNG: Sonntag, 6. April 2014, 12 UHR





Künstlergespräch am Donnerstag, dem 5. Juni 2014 um 19 Uhr

Dr. Barbara J. Scheuermann,
Kuratorin am Wilhelm-Hack-Museum in Ludwigshafen
im Gespräch mit
Stef Heidhues und Alexej Meschtschanow


Der Ausstellungstitel »Ground Control to Major Tom« rekurriert auf eine Textzeile von David Bowies Song ›Space Oddity‹ und dient als Aufhänger für eine Ausstellung, die Werke von Sonia Leimer (*1977, Meran), Stef Heidhues (*1975, Washington DC), Alexej Meschstchanow (*1973, Kiew) und Bernd Ribbeck (*1974, Köln) miteinander in Beziehung setzt.
Im Lied geht es um den Wunsch des Menschen, unbekannte Welten zu erforschen, aber auch um die Einsamkeit des Individuums und das Verlorensein im unergründlichen Weltraum, das einen mit nur einer einzigen Gewissheit zurücklässt – dass die großen Fragen des Lebens nicht zu beantworten sind.

Die vier Künstler beschäftigen sich mit der Verknüpfung von Raum und Zeit, mit dem Verhältnis des Menschen zum Raum, mit Identitätsräumen, mit alltäglichen und fremden Welten, mit abstrakten und spirituellen Bildräumen oder mit der Beziehung von realem zu fiktivem Raum.

Die Verschränkung verschiedener Orte und Zeiten sowie die Überlagerung von Fiktion und Realität ist ein zentrales Thema der Werke von Sonia Leimer. Die in der Ausstellung präsentierten Siebdrucke verbinden Stoffreste eines Raumanzugs, der sich noch in der Entwicklungsphase befindet, mit Satellitenaufnahmen vom Mars aus dem Jahr 1965. Das Nahe und das unvorstellbar Ferne sowie Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft werden so synchronisiert und bringen unser Verständnis eines linearen Raum-Zeit-Kontinuums ins Wanken. Des Weiteren verweist die Künstlerin mit dieser Arbeit auf eine mediale Vermittlung, die sich zwischen Realität und Fiktion bewegt. Ganz ähnlich besetzt Sonia Leimers Skulptur »Platzhalter« durch ihre Präsenz den Raum, doch sie scheint einen fiktiven oder undefinierten Raum zu markieren.

Die Werke von Alexej Meschtschanow zeichnen sich ebenfalls durch eine enorme physische Präsenz aus. Sie führen uns die Schwerkraft vor Augen, denn mit massiven Materialien nimmt der Künstler Verschiebungen vor. Zugleich liegt ihnen eine Verletzlichkeit und Melancholie inne, die sich durch inhaltliche Brüche, das Prothesenhafte, aber auch durch die Thematisierung von An- und Abwesenheit ausdrückt. So zeigt uns das Werk »Stuhl 9DPlus« ein schweres Eisenkonstrukt im Verbund mit einem schwebenden Stuhl. Meschtschanows Werke oszillieren zwischen alltäglich Vertrautem und dem unheimlich Fremden, das unsere Neugier weckt und uns möglicherweise den Weg in eine neue noch unbekannte Welt ebnet.

Inhaltliche und formale Widersprüche charakterisieren auch das Werk von Stef Heidhues – diese Antagonismen hält die Künstlerin jedoch stets in einer spannungsvollen Balance. Das Umdefinieren von Materialien ist ein zentraler Aspekt ihres Œuvres, ebenso wie das Verhältnis von Objekt zum Raum. In der Ausstellung zeigt sie Arbeiten aus der Serie der »Helme«, doch während ein Helm dem Schutz des Kopfes dient, sind Heidhues’ Helme selbst fragil, denn sie sind aus Keramik geformt. Jedes Exemplar der »Helme« ist ein Hybrid, indem verschiedene Zeitalter und Varianten des Kopfschutzes miteinander verschmelzen und die ambivalente Wirkung von Schutz und Bedrohung ausloten. Das Innere der Helme ist dunkel glasiert, bleibt im Gegensatz zu Henri Moores Helm-Skulpturen jedoch leer – das Innere bezeichnet eine Leerstelle, oder ähnlich wie im Werk Sonia Leimers einen Platzhalter, für eine Identität, die durch unsere Vorstellung geformt wird.

Bernd Ribbeck präsentiert Tuschearbeiten auf Papier sowie Malereien mit Acrylfarbe und Pigmentmarker auf MDF. Die Malereien entstehen in einem aufwändigen Arbeitsprozess, in dem der Künstler Farben aufträgt, schleift, wieder abkratzt, um erneut Farbe aufzutragen. So bewegen sich die Werke zwischen Zerstörung und Ordnung. Sie scheinen hermetisch, doch desgleichen bilden sich unendliche Räume. Trotz einer rein abstrakten Darstellung aus geometrischen Formen und vielfältigen Farbaufträgen erinnern die Kompositionen an architektonische Räume oder kosmologische Konstellationen. Es eröffnen sich spirituelle Räume, die den Betrachter wie einen Sog in ihren Bann ziehen. Der Betrachter wird in die Weiten des Kosmos geschleudert und gleichzeitig auf sich selbst zurückgeworfen.

Der Drang des Menschen das Unerklärliche ergründen zu wollen, wird nicht nur mit Antworten belohnt, sondern erzeugt einen neuen Pool an Fragen, sodass sich Wissenschaftler nicht selten gegenüber der Spiritualität öffnen. Auch die präsentierten Werke stehen im Wechselspiel zwischen Fassbarem und Unerklärlichem, zwischen physischem und psychischem Raum.

Herzlichen Dank an Klemm’s, Galerie Kamm and Galerie nächst St. Stephan.








Installationsansicht


Alexej Meschtschanow, »Stuhl Nr. 9D Plus«, 2008, Stuhl, Stahlrohr, Plastik, Eisen,
223 x 170 x 96 cm


Stef Heidhues, Ohne Titel (Helm 01), 2013, glasierte Keramik,
31 x 26 x 21 cm


Installationsansicht


Sonia Leimer, »2025 (1965)«, 2014, 16 x 16 cm, gerahmt: 33 x 33 cm
Siebdruck auf Raumanzugstoff, Auflage von  2 + 1


Sonia Leimer, »2025 (1965) 2014, 14,5 x 14,5 cm, gerahmt: 33 x 33 cm
Siebdruck auf Raumanzugstoff, Auflage von 4 + 2


Sonia Leimer, »2025 (1965) 2014, 13 x 13 cm, gerahmt: 33 x 33 cm
Siebdruck auf Raumanzugstoff, Auflage von 4 + 2


Installationsansicht


Sonia Leimer, »Platzhalter«, 2014, Stahlrohr, Beton, 30 x 90 cm

 
Bernd Ribbeck, »ohne Titel«, 2012, Acrylfarbe, Pigmentmarker auf MDF, 50 x 30 cm


Bernd Ribbeck, »ohne Titel«, 2013, Tusche, Papier 
34,4 x 25,4 cm, gerahmt: 45,5 x 35,5 cm



Bernd Ribbeck, »ohne Titel«, 2009, Tusche, Papier
35,4 x 24,4 cm, gerahmt: 45,4 x 35,4 cm


Bernd Ribbeck, »Ohne Titel«, 2009, Tusche, Papier
35,4 x 25,4 cm, gerahmt: 45,4 x 35,4 cm


Installationsansicht


Installationsansicht


Installationsansicht


Alexej Meschtschanow, »Stuhl Nr. 9H«, 2010 Stuhl, Stahl, Lack,
48 x 59 x 86 cm


Stef Heidhues, Ohne Titel (Helm 04), 2013, glasierte Keramik,
28 x 28 x 29 cm


Stef Heidhues, Ohne Titel (Helm 07), 2013, glasierte Keramik,
28 x 29 x 23 cm



Stef Heidhues, Ohne Titel (Helm 09), 2013, glasierte Keramik,
28 x 27 x 23 cm


Installationsansicht